Beitritt der EU zur Istanbul Konvention

„Neuigkeiten aus dem Europarat:

„was lange währt...." So könnte man die Nachricht überschreiben, dass die EU die Istanbul Konvention des Europarats endlich ratifiziert hat, gegen die Widerstände einiger EU Mitglieder.

Warum ist der Beitritt der EU zur Istanbul Konvention so wichtig? Der Beitritt der EU zum Übereinkommen gibt den Bemühungen der EU zur Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Mädchen Auftrieb. Es ist eine riesige Chance, die Maßnahmen der Konvention in allen EU-Ländern zu realisieren, d.h. mehr Druck auf die Staaten auszuüben, die Konvention vollständig umzusetzen und ihr nationales Recht entsprechend anzupassen. Das bedeutet auch, dass die EU-Mitgliedstaaten gegen Desinformation über das Übereinkommen vorgehen müssen. Das betrifft besonders die (bewußt) falschen Auslegungen des Wortes „Gender".

Anforderungen, die Konvention korrekt umzusetzen, besteht sowohl für die EU-Mitgliedstaaten, die die Konvention einzeln ratifiziert haben, als auch für diejenigen, die sie (noch) nicht ratifiziert haben.
Der Beitritt der EU zur Istanbul-Konvention entbindet die EU-Mitgliedstaaten nicht davon, diese selbst zu ratifizieren.

Die Vorteile der EU Ratifizierung sind eine bessere Datenerfassung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit, die Schaffung eines kohärenteren Rechtsrahmens für die Kriminalisierung verschiedener Formen von Gewalt gegen Frauen, die Verbesserung der Hilfsangebote und des Opferschutzes und die Berücksichtigung der Dimension der geschlechtsspezifischen Gewalt in Asyl- und Migrationsangelegenheiten.

Der Weg zur Ratifizierung: Sechs Jahre nach der Unterzeichnung des Übereinkommens (13. Juni 2917) hatte die EU immer noch nicht ratifiziert, da einige EU-Mitgliedstaaten (Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Lettland, Litauen und die Slowakei) ihre Zustimmung verweigerten. Im EU-Recht können viele Beschlüsse nur einstimmig gefasst werden. Im Oktober 2021 machte der EU-Gerichtshof jedoch den Weg frei, indem er feststellte, dass die EU die Istanbul-Konvention auch ohne die Zustimmung aller Mitgliedstaaten ratifizieren kann.

Im Mai 2023 stimmte das Europäische Parlament mit der großen Mehrheit von 469 Abgeordneten für die Istanbul Konvention und ihre Ratifizierung im EU-Recht.

Am 28. Juni 2023 hat die EU nun die Genehmigungsurkunde für das Übereinkommen beim Europarat hinterlegt. Die Istanbul Konvention wird für die Europäische Union am 1. Oktober 2023 in Kraft treten. Die EU wird somit die 38. Vertragspartei des Übereinkommens.

Der Beitritt der EU ist ein hart erkämpfter Meilenstein und kommt zu einer Zeit, in der der Widerstand gegen Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter wieder größer wird. Der Beitritt ist deshalb umso wichtiger, da die EU damit ein deutliches Zeichen setzt, der Gewalt gegen Frauen Einhalt zu gebieten und alle Formen der Diskriminierung zu bekämpfen. Letztendlich, aber nicht weniger wichtig, wird der Beitritt zur Istanbul Konvention zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit dem Europarat in diesen Bereichen führen."

Anita Schnetzer-Spranger
Past International Director (2012-2014)
ZI CoE Committee Chair 2018-20
District 28 Advocacy-, UN-, CoE Chair